Neue Serie:
WM endlich im Pay TV
- über das grosse Kartell Medien/Fussball (Teil 6).
> siehe unten worum
geht es?
Heute: Stichwort Übersättigung
Wohin die Reise geht, das
macht Premiere World dieser Tage in der Bundesliga deutlich. Das 'Top-Spiel
der Woche' war einst der Kaufanreiz für das Premiere-Analog Programm.
Nicht das es anderen Sendern
nicht technisch möglich gewesen wäre, ein Fussballspiel live
zu übertragen.
Vorbereitungsspiele auf
Mallorca, Zweitliga, Drittliga- und sogar Oberligaspiele wurden und werden
live übertragen.
Kein Wunder das der 'Kaiser',
Franz Beckenbauer, von Übersättigung spricht.
Doch meint er dies oder meint
er die 'Übersättigung' mit Topspielen wie Bundesliga, Europapokal
usw.?
Dann will er doch eigentlich
Premiere World abschaffen?
Oder meint er nur, dass
die Einnahmen höher sein könnten? Denn ein inflationärer
Anstieg des Verkaufs von Spielen im Pay-TV, die begrüsst der Fussball
seit Jahren. Kaum denkbar, das die Bundesliga Premiere bittet, die Übertragungen
einzustellen, falls sich die Zahl der Premiere Kunden verdoppelt...
Eine Zeitlang wurden also
die Topspiele der Saison im sogenannten Free-TV live übertragen (5
Stück). Das Topspiel des Spieltages gab es exclusiv in Premiere Analog.
Nicht nur der SAT1 Zuschauer,
auch der Premiere Analog Abonnent schaute aber alsbald in die Röhre,
denn das Topspiel wanderte in das Digitalpaket ab, am Samstag bleibt der
Analogbildschirm fussballfrei. Genauso wie das SAT 1 Programm auf Bundesliga
live Spiele verzichten musste.
Nun diente das exklusive
Topspiel am Samstagabend als exponierter Werbereisser für das Digitalpaket.
Nun kann man gegen Ende der Saison kaum Abonnenten gewinnen, und so könnte
der Zuschauer jetzt schon mal ein bischen zusätzlich abgezockt
werden: das Topspiel der Woche ist hin und wieder keins mehr:
23.Spieltag:
Bayern - Köln, Dortmund
- Schalke Samstag 1530 h
'Topspiel' stattdesen: Frankfurt
- Bremen
29.Spieltag:
Bayern - Schalke Samstag
1530 h
'Topspiel' stattdesen: Dortmund
- Hertha
32.Spieltag:
Leverkusen - Bayern Samstag
1530 h
'Topspiel' stattdesen: HSV
- Kaiserslautern
beachten: zum Zeitpunkt
der Ansetzung sah es nach einem eklusiven Dreikampf Bayern/Schalke/Leverkusen
um die Meisterschaft aus.
beachten2: wenn man nicht
zusätzlich zum Abo noch eine weitere Gebühr extra bezahlt, gibt
es Samstag um 15 Uhr 30 auch nichts zu sehen.
Insgesamt gehen Premiere
und der Fussball (Verträge werden zusammen gemacht!) behutsam vor,
die Entwicklungsrichtung ist aber eindeutig. Das Ausschlussprinzip wird
einen Grossteil der besten Spiele und Veranstaltungen früher oder
später zu teuren Exklusivereignissen machen, ein pyramidenartiger
Aufbau lässt dem 'normalen' Fernsehkonsument nur noch das angebissene
Wurstbrot aus dem Mülleimer an der Bushaltestelle. Die Idee, mittels
neuer Technik zusätzliche Angebote zu ermöglichen wird pervertiert,
die ohnehin zugänglichen Ereignisse werden dem Konsument weggenommen
und durch Ramschware ersetzt.
Das Unwort Übersättigung
entsteht dann durch eben dieses Überangebot belangloser und qualitativ
niedriger Spiele im 'Free'-TV:
Die besten Spiele (national
und international zusammengefasst) finden ja zu einem grossen Teil im Bezahlfernsehen
statt (beispielsweise 34*9=304 Bundesligaspiele), was einen Bedarf an Einkauf
schlechterer Spiele für die 'freien' bzw. werbefinanzierten Sender
nach sich zieht. Nur die bestehenden Kartellstrukturen im Sport und Fernsehmarkt
haben hier inflationäre Zustände bis jetzt verhindert. Trotzdem
gibt es jede Woche ein Zweitligaspiel (DSF hätte natürlich lieber
1.Liga), über das Jahr jede Menge belangloser Freundschaftsspiele
vor leeren Rängen und minderwertige, oft internationale Wettbewerbsspiele
wie UEFA Cup Spiele gegen Mannschaften aus Zypern o.ä., die nicht
ohne Grund nur Fernsehzuschauer aber keine Stadionzuschauer locken: Hier
ist der Wettbewerb zwischen dem Bundesligaspiel und diesem ja offen, wird
nicht 'gesteuert'.
Kein Wunder das diese schäbige
'Konkurrenz' durch die Brille des Kaisers als Übersättigungsmüll
wahrgenommen wird. Viel lieber hätte er die Ware gänzlich verknappt
(und nicht nur die Spitzenware) und den Durst des Fans in horrenden Preisen
für den Kauf von Bayernspielen im Pay TV kanalisiert.
Ein Aufbrechen dieser Marktstrukturen
könnte nur durch das Kippen der Zentralvermarktungen erreicht werden.
Denn mit dem Fernsehkonsumenten gibt es einen klaren Geschädigten
bei dieser Wettbewerbsbeschränkung: nicht nur wird er über die
Monopolisierung wahllos und muss jeden Preis zahlen, es entwickelt sich
auch kein wirklicher Wettbewerb auf dem Fernsehmarkt. So steht auch Premiere
mach wie vor ohne Konkurrenz da.
Doch auch kleinere bzw. mittlere
Vereine sind der Verlierer. Sie können nicht über Europapokalspiele
Werbung für ihren Klub machen, auch ihre regionalen Vermarktungsmöglichkeiten
fallen beispielsweise flach.
Nicht jedes Jahr kann man
über Drogenaffairen und uneheliche Kinder den Fussball wieder ins
Gespräch bringen, versteckt im Pay-TV könnten gerade die mittleren
Vereine verlieren, der öffentliche Focus wird sich noch mehr auf die
Topvereine konzentrieren.
Denn das Fernsehverhalten
muss heute anders betrachtet werden als noch vor 20 Jahren:
Niemand käme heute
beispielsweise auf die Idee das Zeitungsangebot am Kiosk zwangsweise zu
beschränken, um das Lesen einer bestimmten Nachricht zu subventionieren.
Die Zeiten sind vorbei,
an denen ein Bundesligaspiel ein herausragendes Ereignis waren, eine Fernsehübertragung
konkurrenzlos, zahllose andere Fernsehformate wie zahllose Freizeitangebote,
eine Vielzahl von Fernsehprogrammen, Kinopalästen, Sportangeboten,
Internet, Videoverleih, Spielekonsolen usw. usw. strömt auf den Zuschauer
ein und wirbt um seine Aufmerksamkeit. Nicht nur der Nachwuchs muss hier
beworben werden. Auch das Gespräch am Arbeitsplatz verlangt ein gemeinsam
zugängliches Ereignis.
Das Verstecken der Ware könnte
unterhalb der Topvereine hier sehr problematische Folgen haben.
Worum geht es?
Die Agenturmeldung war lapidar
und täuschend:
'WM 2002 wieder in ARD und
ZDF'.
Am 8.1. wurde bekanntgegeben,
dass die Kirch-Gruppe und die ARD/ZDF sich über den Verkauf von Übertragungsrechten
für die WM 2002 geeinigt hatten.
24 Spiele werden auch dieses
Mal wieder von ARD und ZDF live gezeigt.
24?
Das bedeutet, dass nicht
weniger als 40 Spiele erstmals exklusiv im Bezahlfernsehen stattfinden
werden.
Zusammenhang in diesem Deal
ist auch das Abtreten von Rechten an zusätzlichen Olympiaübertragungen
von ARD und ZDF an Premiere World.
Inzwischen wollte die ARD
neu verhandeln, hierbei ging es um die Kopplung des Vertrages an ein Vorkaufsrecht
für die viel lukrativeren Spiele der WM 2006.
Doch die Gespräche
sind inzwischen gescheitert. Nun wird dieses Paket möglicherweise
bei Privatsendern zu sehen sein, was an der Komposition (40 WM Spiele erstmals
nicht im normalen Fernsehen) aber nichts ändert.
Die Hintergründe und
Implikationen dieses Prozesses sind so umfangreich und weitreichend, dass
sie kaum in einem Format wie Bundesligaskandal behandelt werden konnen.
Bundesligaskandal wird es in den nächsten Ausgaben trotzdem versuchen.
In Teil
1 erklärte Bundesligaskandal Hintergründe über den WM-Deal
für 2002. Teil
2 einige passende, frische Agenturmeldungen und in den nächste
Woche versucht Bundesligskandal weitere Puzzleteile, wie den Zusammenhang
mit dem Konflikt mit der EU deutlich zu machen.
In Teil
3 ging es um die Struktur des Bundesliga / Premiere Monopols und warum
Liga Präsident Hackmann mit einem eigenen Fernsehkanal droht.
Teil
4 knüpfte den Zusammenhang zu den aktuellen Transferrechtsstreitigkeiten
mit der EU.
In Teil
5 legte die aktuelle Lage einen erneuten Einschub zu der Rechtediskussion
um die WM 2002 nahe.
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