Die große TV
- Lüge
Letzte Woche beschloß der Ligaausschuß:
Es wird keine Live-Bundesligaspiele im TV mehr geben. Stattdessen nur noch
Pay TV und Pay-per-view.
2) Die 'Solidar'gemeinschaft
Das Fernsehen schädlich
für den Fussball ist, ist uns allen klar. Das der Fan eigentlich gar
kein Fussball sehen will, oder nur ganz wenig und schon gar keinen Bundesligafussball,
haben jetzt die Bundesligavereine und der DFB erkannt: Der Fan soll demnächst
wieder Lust auf Fussball bekommen, indem er sich einen 1000 Mark teuren
Dekoder kauft, eventuell noch 60 DM monatliche Abonnementgebühren
klarmacht, und zusätzlich 5 Mark pro Spiel zahlt (naja: über
die Kinder wirds schon klappen).
Nutzen soll es allen bringen:
Die Zentralvermarktung der Zusammenfassungsberichterstattung (z.B. Ran,
Sportstudio, Regionalprogramme) und der Pay-TV Rechte (Premiere) sorgt
dafür, daß auch die kleinen Vereine etwas abbekommen, Pay-per-View
soll den großen Klubs große Kasse bringen. Die über die
Verknappung erhöhten Preise sollen allen helfen, eine 'Solidaritätsabgabe'
quasi darin bestehen, daß der MSV Duisburg genausoviel Prozent aus
einem Heimspiel gegen Bayern behalten darf, wie Bayern aus einem Heimspiel
gegen Duisburg (was nicht unbedingt selbstverständlich ist).
Doch was als Sieg des Gemeinschaftsgedankens
der Ligavereine verkauft wird, könnte sich eventuell auch als essentielle
Entscheidung zur Konkretisierung einer Zweiklassengesellschaft entpuppen
wie auch als eine Maßnahme zur substanziellen Schwächung
der Bedeutung der Liga insgesamt. In jedem Fall ist es zum (kurzfristigen)
Nachteil des Verbrauchers.
Muss man nämlich erst
einmal bezahlen für Spiele, werden die Mannschaften noch unproportionaler
im TV zu sehen sein. Denn gekauft werden wird Bayern, nicht der MSV.
Den kennt nämlich keiner, weil er ja auch in den Europacupsielen nicht
zu sehen ist. Und wer kauft eine Mannschaft, die ihn nicht interessiert?
Auf einem normalen 'Markt'
würde also der MSV versuchen, seine Spiele konkurrierend zu vermarkten.
z.B. über eine andere TV-Form. So könnte er nicht nur, beispielsweise
bei einer Übertragung auf West3 einiges einnehmen, er könnte
auch den Wert der Bayern-Übertragung im Pay-TV mindern. Der
Bayern, die dem MSV die Spieler wegnehmen wollen - falls sie mal einen
haben, der in Frage kommt (gabs, Bsp. Strunz, Wohlfart).
Ein kleiner Verein kann also
weniger eigene Vermarktungswege finden, er kann auch so keine neuen Stadionzuschauer
werben, außer in dem einen Spiel gegen Bayern, ansonsten wird keiner
bereit sein, für den MSV Geld zu blättern. Der MSV wird für
Sponsoren total wertlos, denn seine Medienkontakte werden in der Relation
zu den großen Vereinen weiter erheblich sinken.
Das war doch bis jetzt so - sagt die Liga. Und - eine Sendung à
la Ran soll doch erhalten bleiben. Doch es
gibt mehr und mehr Konkurrenz, andere Fussballigen, andere Unterhaltungssendungen,
andere Sportarten. Formel1? Hat sich mit der uneingeschränkten Live-Zugänglichkeit
fast schon eine ähnliche Position wie der Fussball erarbeitet. Fussball
lebt von seiner Bedeutung. Und die wird durch die Präsenz des
Ereignisses gemacht: Wenn nur eine Randgruppe Fussball im Pay-TV schaut
wird morgen darüber in der Schule oder auf dem Arbeitsamt genausowenig
geredet wie über die Wrestling-Weltmeisterschaft.
Die amerikanische NFL beispielsweise
denkt nicht daran, ihre eroberten Programmplätze herzgeben - alle
Spiele live im Free-TV.
Das Pay-per-view ist also
eine Marktzementierung, die die Großen vor eventuellen geschickten
Marktstrategien der Kleinen schützen wird.
Zusätzlich gewinnen
gleichzeitig belanglose Freundschaftsspiele mit den Großen Vereinen
(zugunsten der bayrischen Dorfkirchen) an Wert, genauso wie eigentlich
unattraktive Europacupspiele. Profitieren
tun wieder - die Großen
Eine freie Übertragung
des MSV wäre Werbung: ein kleiner Klub muß erst attraktiv GEMACHT
werden. Zuletzt zahlten 'Randsportarten' für Live-Übertragungen
im DSF um ihren Sport und ihre Sponsoren attraktiv zu machen.
In der alten Fernsehlandschaft
reichte hierzu die Sportschau einigermaßen, doch erst die Berichterstattung
über alle Spiele war der Katalysator für den großen Boom.
Doch der deutsche Fussball
lebt noch gestern. Und im Bestreben den alten Zustand zu erhalten lassen
sich die Kleinen auf den Knebelkompromiß mit den Großen ein.
Statt eigentlich wesentliche Strategien gegen die Marktveränderung
zu erreichen.
Was das sein könnte?
[ nächste
Woche mehr ]
[
zurück nach oben ]
|