Das Drama am letzten Spieltag:
Wer ist eigentlich Meister?
Mitleid ist King
Mai.
Die Zeit der letzten Spieltage.
Die Zeit in der Reporter gewisser berüchtigter Sender schreien wie
am Spiess geröstet um den Wettkampf zu entscheiden: wer ist der Star?
Der Fussball? Das Fernsehen? Oder doch der Reporter?...
Oder ist die Ware einfach
so langweilig, das sie das marktschreierische Anpreisen eines Kartoffelsalates
kurz nach Verfallsdatum benötigt?
Mitleid mit soviel Schwächlichkeit
ist angebracht.
Wo sie am nächsten Morgen
als Richter im roten Sessel göttergleich in Diskussionsrunden die
Versager denunzieren, die doch einfach nur hätten richtig aufstellen
oder direkt ins Tor schiessen müssen. Wo sie die Zeugnisse austellen
wie erfahrene Lehrer ihren zurückgebliebenen Sechstklässlern.
Allen voran denen, die schon seit Jahren alles falsch machen: zum Beispiel
jene pomadige, in eitlen Grabenkämpfen zerfallene Millionärstruppe
des Nürnberger Wurstfabrikanten, der in Wirklichkeit aber nur einen
einzigen Fehler macht: er verwechselt die elektronischen Seifenblasen vor
Auge und Ohr aufgrund ihrer in Sprachmerkmalen transportierten Wahrhaftigkeit
hin und wieder mit Glaskugeln von Fachkompetenz.
Was ist die Bundesliga nur
für ein mickriges Produkt wenn solche Versager tatsächlich am
letzten Spieltag noch Meister werden könnten?
Man müsste glauben,
das Versagerquartett, Quintett?, Septett? an der Spitze der Liga hätte
40, 41, 42 Punkte nicht über 60.
Mitleid mit soviel Schwächlichkeit
ist angebracht.
Am Montag werden sie sie
nachdreschen die Fans. Die Phrasen.
Und stellvertetend die Dahlmanns,
Hanschs und all die anderen Windpfeifen nachdiskutieren, die sich so bemüht
hatten im Stile der Nachquatscher zu differenzieren: ein geschwindigkeitsverzerrtes,
zweidimensional täuschendes, dazu noch halb verdecktes Bild, engagiert
propagandistisch übersprochen, was um 17.40 eine klare Schwalbe beweisst
und 2 Stunden später den Schiedsrichter zum Lynch lädt, weil
er keinen Elfmeter gegeben hat.
Bis die niveaulose Sprachsosse
zur teuer verpackten und so überzeugenden und im folgenden immer wieder
reproduzierten Wirklichkeit wird und später einmal zur geschriebenen
oder gemeisselten Geschichte.
Mitleid mit soviel Schwächlichkeit
ist angebracht.
Wie auch mit den vielen Verteidigern
in Europas Topligen, bei kleinen Klubs jenseits von Gut und böse,
sie könnten Lolton oder Becce heissen, aus Ingland oder Etalien oder
anderen beliebigen Ländern kommen. Wollten sie sich doch für
neue Aufgaben emfehlen, sprachen sie bereits mit ihren Agenten, welche
sich zeitgleich jedoch Sorgen machten um ihre Spieler in anderen Vereinen,
noch vollends im Kampf um Klassenerhalt und Meisterschaft verstrickt.
Und dann diese Peinlichkeiten.
Wit weg vom Stürmer und auch noch in die falsche Richtung gelaufen
als der Ball in den Strafraum flog. So weit weg als ob sie dafür in
Kilometern bezahlt werden. Und auch noch mehrmals, weil die eigenen Stürmer
dumm wie Brot jetzt treffen, statt vor vier Monaten.
Mitleid mit soviel Schwächlichkeit
ist angebracht.
Doch langsam haben wir uns
durchgespielt durch den Dschungel der Worte, durchgekämpft zum Fussball
und zur Fernbedienung. Was ist das? Ein Traum? Bundesligafussball mit arabischem
Kommentar. Wir verstehen nur die Spielernamen. Die Spiele sind spannend.
Bis eben hatten wir gar nicht mehr hingeschaut. Hatten uns in einer der
inflationären Werbepausen abgewendet, zu einer interessanteren Tätigkeit
und nur noch reagiert, wenn der Reporter geschrien hatte, später waren
wir auch da nur noch zusammengezuckt. Für die Liga und den Sender
wars ja egal. Ein Kontakt zählt als ein Kontakt, egal ob man dabei
gelangweilt die Werkbank traktiert oder gebannt in die Röhre schaut.
Der Reporter hatte uns schon eingetrichtert, dass wir wieder ein Jahrhundertspiel
der zweiten Liga gesehen hatten. Das Ohr hatte das Auge als wesentliches
Sinnesorgan zur Aufnahme von Fussball längst ersetzt. Der personifizierte
Tinnitus des Fussball hatte längst gewonnen.
Jetzt waren wir plötzlich
wieder gezwungen hinzuschauen, das Spiel auf uns wirken zu lassen. Es saugt
uns auf und diese Dramatik! Der arabische Sender hatte die Bundesligarechte
und mit ihr die ganze Liga aus der Konkursmasse eines anderen Versagers
gerettet, hätten die aus den roten Seseln alles besser gemacht, natürlich.
Die einzige Bedingung: Bundesliga im Fernsehen nur noch mit arabischem
Kommentar.
Ich wache auf. Doch nur ein
Traum.
Vor mir sitzen wieder die
Götter im roten Sessel. Die wahren Versager. Die die noch jeden Bundesligaklub
in die Totalpleite geritten hätten. Die die nur mit Presseausweis
ins Stadion gelassen werden. Die die von brotloser Kunst schwafeln obwohl
sie dort die einzigen sind, die für das Gebotene am Eingang nichts
bezahlen. Die die den Fussball gestern abend totgequatscht haben. Schweissausbruch.
Wer ist eigentlich Meister geworden? Ich glaube ich habe gestern in der
vorletzten Werbeunterbrechung weggezappt und vergessen wieder zurückzuschalten...
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